Die transmediale ist zwar ein Festival für digitale Kultur, ihre Jahrespublikation hat aber einen äußerst analogen Ansatz.
Stellen Sie sich vor, Sie wollen online was lesen, aber das geht nicht, weil der Mond gerade nicht günstig steht. Klingt verrückt, ist aber genauso, wenn es bei dem, was Sie lesen wollen, um den Almanac of Refusal geht, eine Sammlung von Beiträgen zur letzten transmediale, dem Berliner Festival für digitale Kultur: Die limitierte Ausgabe der Publikation mit rund 80 Beiträgen von Text bis Film besteht aus einem Mikrocomputer in einer Keramikschale. Sobald dieser mit dem transmediale-Server verbunden ist, wird der Vollmondstatus der entsprechenden Zeitzone sowie der Countdown bis zum nächsten Vollmond angezeigt. Der Zugang zu den Inhalten des Almanac ist dann am Vollmonddatum für 24 Stunden möglich.
Wer einen Rechner mit Internetanschluss hat, versteht den Zugang zu online verfügbarem Wissen wahrscheinlich als Selbstverständlichkeit und ist sich gleichzeitig im Klaren darüber, dass dieser Zugang nicht überall auf der Welt gegeben ist. Die Bereitstellung dieser Ressource astronomischen statt wirtschaftspolitischen Kräften zu überlassen ließe sich natürlich als Kommentar zu ihrer ungleichen Verteilung lesen. Oder als Forderung, wieder mehr auf die Natur zu hören. Oder die eigene Bildschirmzeit einzuschränken. Aber vor allem macht der Verweis auf den Mond klar: Nicht das Internet ist Urheber der darüber abrufbaren Informationen, sondern das Universum, das den Mensch hervorgebracht hat und das Bezugspunkt ist für alles, was der Mensch macht, inklusive Sachen aufschreiben und ins Internet stellen. Ein beruhigender Gedanke für alle, die glauben, der Mensch sei vom Internet abhängig. In Wirklichkeit ist es andersrum.
Der Almanac of Refusal erscheint als Sonderedition in einer Auflage von 80 Exemplaren und ist im Onlineshop der transmediale (anscheinend unabhängig vom Mondkalender durchgehend geöffnet) inklusive einem dazugehörigen Mondkalender-Poster vorbestellbar.