Was bedeutet die Kombination von Kunst und Technologie eigentlich, warum passen die beiden Disziplinen so gut zusammen, und warum liegt „Art & Tech“ aktuell so stark im Trend?
Mit dem NFT-Hype vom Frühjahr 2021 wurde die lange verschlafene und erst durch die Covid-Pandemie und den damit erzwungenen Shift von Off- zu Online angegangene Digitalisierung des Kunstbetriebs noch weiter befeuert. Themen wie Blockchain, Krypto und Metaverse wurden allgegenwärtig, und auf einmal wird Kunst nicht mehr abseits von Digitalisierung und technologischen Innovationen verortet, sondern im Zentrum des Geschehens. Dass sich die Kombination aus Kunst und Technologie aktuell wieder großer Beliebtheit erfreut, hat allerdings weniger mit dem Art-NFT-Boom zu tun, sondern mit technologischen Entwicklungen buchstäblich raumgreifender Art (AR/VR, Metaverse, Raumfahrt). Dazu kommt der Umstand, dass Technologie momentan eine Repositionierung als wissenschaftliche Disziplin zu erfahren scheint, die auch kunstwissenschaftliche Andockmöglichkeiten bietet, und dass sich davon abgesehen die Kommunikation im Wandel vom Textlichen zum Bildlichen (Datenvisualisierungen, Piktos, Emojis) befindet, bedeutet für die Kunst ganz grundsätzlich gute Zeiten.
Das bewegte Beziehungsleben von Kunst und Technologie
Keine Lust auf historische oder philosophische Ausführungen? Hier gibt’s eine Abkürzung zum Zeitalter der Digitalisierung
Historisch betrachtet sind Kunst und Technik schon von Geburt an ein Paar, wobei die beiden auf ein bewegtes Beziehungsleben und diverse Krisen zurückblicken, was auch daran liegt, dass Technologie eine schwierige Kindheit hatte und anfangs nicht wusste, was sie auf der Welt soll. Erst wurde sie zur Wissenschaft vom Handwerk erzogen, begann sich im Zeitalter der Aufklärung zur Philosophie des Handwerks weiterzubilden, wurde dann industrialisierungsbedingt in die Produktionsecke geschoben und im 20. Jahrhundert zunehmend als Synonym für Technik genutzt, auch wegen der zunehmenden Verbreitung des englischen Begriffs für Technik, technology. Mittlerweile setzt sich wieder ein Verständnis von Technologie als Wissenschaft von der Technik durch.
Während sich die Technologie auf ihrem Selbstfindungstrip befand, war die Kunst auch nicht untätig, abgesehen von Leonardo da Vinci allerdings lange ziemlich überheblich im Umgang mit ihrem Partner, und das, obwohl sie schon seit der Antike wusste: wenn ich nicht weiterkomme, hilft mir die Technik. Genauer, der Deus ex machina, eine mithilfe von Bühnentechnik animierte „Gottheit“, ein überraschender technischer Effekt auf Theaterbühnen zur Ablenkung des Publikums, wenn sich die Handlung in Logikfehler verstrickte.
Trotzdem ignorierte die Kunst die Technik zumindest als Sujet erstaunlich lange, und das, obwohl diese jede Menge tolle Motive lieferte, wie eine der wenigen künstlerischen Auseinandersetzungen mit Technik vom Mittelalter bis zum 16. Jahrhundert beweist, die „Nova Reperta“, eine Kupferstichsammlung des flandrischen Malers Jan van der Straet. Fairerweise muss man allerdings sagen, dass die Kunst ansonsten bis heute mit relativ wenig Technik auskommt, und die Nutzung technischer Erfindungen von Fax bis Blockchain in die künstlerische Praxis ist zwar spannend, aber um ihre eigentliche Kraft zu entfalten, braucht die Kunst kaum Hilfsmittel: Verrückte Perspektiven in Gemälden, täuschende Trompe-l’œils an Palastwänden, effektvolle Lichtmanipulationen in Kirchen, die Kunstgeschichte ist voll von Beispielen für die Macht der Kunst, mit einfachen Mitteln Raumerfahrungen zu erschaffen, Raum zu errichten, der „eigentlich nicht da“ ist, aber dann eben doch, denn am Ende war ja alles irgendwie schon da, in der Vorstellung des Künstlers, die ja auch irgendwoher gekommen sein musste, oder schon immer, wie zum Beispiel der Himmel, um mal auf den gemeinsamen Geburtsort von Wissenschaft und Kunst zu kommen, den Ort, an dem es Licht wurde und alles begann, die Astronomie als älteste wissenschaftliche Disziplin, und das Licht als notwendige Bedingung für das Kunstschaffen, auch wenn es ein paar tausend Jahre dauerte, bis dieses Licht aus wissenschaftlicher wie künstlerischer Betrachtung gleichermaßen interessiert beleuchtet wurde, Newton und Goethe sei Dank.
Dass eines der bekanntesten Gemälde der Aufklärung ein wissenschaftliches Experiment in dramatischer Beleuchtung abbildet, ist kein Zufall. Beispielhaft illustriert im „Experiment mit einem Vogel in der Luftpumpe“ von Joseph Wright Derby aus dem Jahr 1768 ist die Angst der Kunst, von der Technik verdrängt zu werden: als Vertreterin der Natur ist sie der Vogel, dem unter intensiver Beobachtung im gleißenden Kunstlicht der neuen Zeit buchstäblich die Luft abgeschnitten wird, während draußen der Mond unbeachtet vor sich hin funzelt. Andererseits bemüht sich die Kunst hier, die Technik bzw. Wissenschaft so verheißungsvoll aussehen zu lassen wie möglich, weil sie schon immer davon profitiert hat, sich mit den herrschenden Kräften zu verbinden und ahnt, dass Wissenschaft und Technik fortan so eine sein werden – und weil sie nicht aus ihrer Haut kann, gute Motive zu feiern, und es wäre großartig, diese Bildgewalt würde auch heutige Technologieberichterstattung begleiten – eine Google-Bildersuche zum Begriff „Technologie“ offenbart das auf augenschmerzliche Weise.
Woher wissen wir, woher wir kommen, wohin wir gehen?
Mit jedem neuen Transportmittel hat der Mensch seinen Blick auf die Welt, deren Infrastruktur und seinen Bewegungsradius kontinuierlich erweitert. Gleichzeitig begleiten uns seit Jahrtausenden Variationen derselben Motive, angefangen mit dem Himmel als Ursprungs- und Bestimmungsort allen Seins über die Fähigkeit zu fliegen bis zu Konzepten von Leben jenseits der Erde (Paradies, Nirwana, Weltall) oder Unsterblichkeit. Das Motiv von der fliegenden Stadt zum Beispiel, das aktuell so häufig in den CGI-Bildwelten des spekulativen Futurismus vorkommt, ist so alt wie die Menschheit selbst (und hat so lustige Dinge wie die pseudowissenschaftliche Prä-Astronautik hervorgebracht).
In der Kunst von Anbeginn verhandelt, werden diese Bilder dank technischer Innovationen Realität. Kryokonservierung macht sterbliche Körper haltbar, bis heute noch tödliche Krankheiten heilbar sein werden, Raketenantriebe schießen Körper in den Himmel, wo sie wie lebende Engel auf die Erde hinabschauen können – es scheint, als vollzöge die Technologie jetzt alles am Körperlichen, was das Geistige (und dessen Darstellung in der Kunst) bereits seit Jahrtausenden als Selbstverständlichkeit annimmt, aber diese Trennung in Körper und Geist wäre zu einfach, bzw. die Technologie arbeitet ja sogar ziemlich vehement an der Abschaffung des Körperlichen: die biologische Geburt wird schon demnächst Geschichte sein, und dass wir irgendwann nur noch als immaterielles Datenknäuel in der Cloud existieren, ist auch nicht mehr ganz unrealistisch. Was Kunst und Technologie brauchen, ist nicht Körper, sondern Bewegung, und zwar in multidimensionaler Form und nicht in linearer. Dass die Menschheit immer noch ein chronologisches, eben lineares Verständnis von Zeit hat, ist für Kunst und Technologie eher einschränkend, denn es zwingt sie dazu, zwar fortwährend etwas Neues zu schaffen, dabei aber immer schön das weiterzuführen, was bereits existiert.
Woher die Bilder von etwas kommen, das kein Mensch zuvor „in echt“ gesehen hat, egal ob Mittelaltermalerei oder Science Fiction, ist bis heute nicht richtig entschlüsselt, aber weil man es halt echt gern endlich mal verstehen würde und zwar mehr als je zuvor, haben esoterische Strömungen, Schamanismus und Psychedelika Konjunktur. In der Renaissance war alles kurz ganz einfach, da gab es eine Phase, in der Erfinden mit „Wiederfinden“ gleichgesetzt wurde – weil dank Gott schon alles angelegt war in der Natur, und man musste es da nur herausfriemeln. Gott oder wem auch immer sei Dank hat sich dieses für ehrgeizige oder nicht religiöse Menschen ziemlich demotivierende Verständnis nicht gehalten, im Gegenteil, Erfindungen stiegen fortan in der Wertschätzung so an, dass sie für schützenswert erachtet wurden (in Form von Patent- und Urheberrecht) – allerdings galt das mehr für die Technik als für die Kunst. Francis Bacon beschied der Kunst in „Der Fortgang der Wissenschaften“ um 1605, in einer Endlosschleife von Wiederholungen gefangen zu sein, während echte Neuerungen nur von Wissenschaft und Handwerk zu erwarten seien. Paradoxerweise fällt sein Urteil in eine Zeit, in der die Kunst zwar motivisch oder technisch tatsächlich nichts bahnbrechend Neues zeigt, dafür aber ihren Bewegungsradius über Kirche und Krone hinaus zu erweitern und sich mit der Frage nach ihrer Rolle auseinanderzusetzen beginnt. Ein Diskurs um Ästhetik, intellektuelle und emotionale Wirkung von Kunst setzt ein, die Erkenntnistheorie bedient sich bei Wissenschaft und Kunst gleichermaßen und kommt zum Schluss: Alles kann so sein wie es ist, oder ganz anders. Der Skeptizismus als Teilaspekt der Erkenntnistheorie etwa darf jede noch so logisch erscheinende Annahme anzweifeln, ohne einen hiebfesten Gegenbeweis liefern zu müssen, was all diejenigen super finden dürften, die glauben, wir lebten eh in einer Simulation. Was der Simulationshypothese von Philosoph Nick Bostrom („Leben wir in einer Computersimulation?“, 2003) zufolge tatsächlich der Fall ist. Abgesehen davon ist „Simulation“ nicht grundsätzlich pejorativ als „Scheinwelt“ zu verstehen oder als rudimentäre Kopie von etwas „Echtem“. In Form von Games oder VR haben Simulationen ihre eigene, dem analogen Raum ebenbürtige Daseinsberechtigung und sind genauso echt wie alles, was in nichtanaloger Form auftritt.
Die Simulationshypothese halten die meisten trotz ernsthafter Diskurse um das Thema (dieser Reddit-Thread versammelt ein paar interessante Links, wie auch bei David Chalmers, Autor von “Reality+: Virtual Worlds and the Problems of Philosophy”, 2022) leider für Quatsch, aber an der endlosen Wiederholungsnummer ist was dran, denn solange Menschen Menschen gebären, werden diese Menschen immer das Gleiche machen, nur mit anderen Mitteln. Insofern gut, dass wir uns mithilfe von Cybergenetik und KI über die evolutorischen Grenzen unserer Spezies erheben und unsere eigene Nachfolgespezies erschaffen können – obwohl, damit die dann etwas fundamental anders macht, dürfen wir sie natürlich nicht mit unserem ollen Zeug füttern, und „Cyber“ sagt man übrigens nicht mehr, genauso wenig wie „Metaverse“, das als völlig vages Konzept das nicht minder vage Konzept vom „Cyberspace“ abgelöst hat und auch schon wieder auf dem Weg nach draußen ist. Und wo wir gerade bei Begriffen sind: Sprache schafft Wirklichkeit, heißt es ja so schön, aber nachdem weite Teile der Menschheit nicht in der Lage sind, die Wirklichkeit von virtuellen Räumen zu akzeptieren, bringt uns diese fälschlicherweise Ludwig Wittgenstein zugeschriebene Platitüde nicht weiter, und im übrigen hat bereits Werner Heisenberg erkannt, wie sehr sich hier die Katze in den Schwanz beißt: „Die Wirklichkeit, von der wir sprechen können, ist nie die Wirklichkeit an sich, sondern eine von uns gestaltete Wirklichkeit.“ Wo wir bei Sprache sind, an dieser Stelle noch der Hinweis auf eine eher unattraktive Gemeinsamkeit von Kunst und Tech: Im Versuch, diese zu beschreiben, entstehen in beiden Feldern die abstrusesten Begriffe und Sprachverschwurbelungen – da nehmen sich Tech Bros und Kunstkritiker nicht viel.
Kunst und Tech im Zeitalter der Digitalisierung
So, genug philosophiert, wenden wir uns dem konkreten Zusammenwirken von Kunst und Technologie im heutigen Sinn zu, das mit Anfang des 20. Jahrhunderts durch Strömungen wie den Futurismus in Italien oder die futuristische Avantgarde in Russland erste Formen annahm, aber so richtig spannend wird es erst in den zwanziger Jahren mit der Einführung der Telekommunikation auch in die Kunst. 1922 lässt László Moholy-Nagy abstrakte geometrische Kompositionen als Emaille-Tafeln in einer Weimarer Emaille-Werkstatt produzieren, indem er übers Telefon beschreibt, wie die Motive aussehen sollen, und markiert damit den Beginn von interactive media lange vor Beginn des Internets und die Geburt einer Kunstform, für die der britische Künstler Roy Ascott in den achtziger Jahren den Begriff telematic art prägt.
Mit der Verbindung von Kunst und Telefon treten Kunst und Technologie erstmals in einen direkten Dialog miteinander, der in den sechziger Jahren mit den Bell Telephone Laboratories und der von Robert Rauschenberg begründeten Initiative E.A.T. (Experiments in Art and Technology) eine Sternstunde erlebt, als Techniker, Programmierer, Künstler und sonstige Kreative in spielerischen Experimenten eine gegenseitige Befruchtung von Kunst und Tech erzeugen, wobei unter anderem die Computer-Scan-Technik herauskommt: Die Erfinder, Leon Harmon und Kenneth Knowlton, sind zwar Programmierer und Neurowissenschaftler und keine Künstler, weil aber Rauschenberg das erste von ihnen produzierte Bild so toll findet und seine Verbreitung vorantreibt, gilt es heute als eines der bekanntesten digital produzierten Kunstwerke der Welt. Sein Titel: „Computer Nude“, und ja, es bildet eine nackte Frau ab, und man kann spekulieren, ob dieser Umstand Einfluss darauf hatte, welche Inhalte sich im Internet der Anfangsphase der größten Beliebtheit erfreuten, aber damals ging es gar nicht um das Motiv selbst, sondern einfach darum, einen Computer dazu zu bringen, Bilder zu erzeugen.
Kunst und Tech – wie geht es weiter?
Das enge kollaborative Verhältnis von Kunst und Tech in den Bell Labs ist bis heute unerreicht, möglicherweise auch deshalb, weil vielleicht nie wieder ein Technologiekonzern so viel Budget für nicht konkret produktorientierte Experimente ausgegeben hat wie der damalige Bell-Betreiber AT&T, möglicherweise aber auch deshalb, weil die Kunst lange Angst hatte, sich von wirtschaftlichen Interessen abhängig zu machen und überhaupt die Nähe zu Geld nicht suchte – na, das zumindest hat sich geändert. Aber Initiativen, die Kunst als Inspirationsquelle und Testfeld für Wissenschaft und Technologie nutzen, wie etwa das Programm Arts at CERN, das Kunst und Physik zusammenbringt, sind rar. Andererseits ist Kunst und Tech ein absolutes Trendthema, Gegenstand unzähliger Konferenzen und Medienproduktionen (gut z.B. die drei Staffeln umfassende Kurzvideoserie von Bloomberg) und immer für eine Story gut, wie die vom japanischen Milliardär und Kunstsammler Yusaku Maezawa, der eigentlich vorhatte, mit SpaceX zusammen eine Artist Residency auf dem Mond einzurichten, seine Pläne aber mittlerweile wieder zurückgezogen hat, was sehr schade ist, denn gerade im Raumfahrt-Bereich ist Kunst rar, aber wichtig. Zwar passiert gerade viel im Bereich Space Tech, aber die Perspektive scheint limitiert auf menschliche Grundbedürfnisse und Fragen danach, wie wir da hoch kommen und wie wir dort atmen und was dort möglicherweise auf uns lauern könnte. Aber die menschliche Spezies hat sich weiterentwickelt. Wir wollen mehr als Essen-Schlafen-Vögeln-Dachübermkopf, auch auf dem Mars. Die Künstlerin Krista Kim versteht technologische Entwicklung als künstlerisches Medium, sie hat dafür sogar eine eigene Bewegung gegründet, das Techism Movement. Würde die Technologie dieses Verständnis annehmen, sich als eine Form von künstlerischem Schaffen verstehen, die Tech-Welt von Health über Fin bis Space wäre voll von Kunstkollaborationen und die Welt vielleicht schon ein gutes Stück weiter.
Immerhin hat die NASA eine „NASA MarsXR Challenge“ ausgerufen und sucht VR-Entwickler für eine virtuelle Marserfahrung zur Erprobung von Besiedelungsszenarien, in Kooperation mit Epic Games und damit vor allem für Gamer interessant, aber auch die Kunst ist mit der Games-Welt durchaus verbunden: die in Minecraft ansässige Ender Gallery zum Beispiel betreibt dort sogar eine Artist Residency, in Fortnite bekam KAWS von der Serpentine Gallery eine große Ausstellung spendiert, die Julia Stoschek Collection Düsseldorf widmet sich der Verbindung von Kunst und Spielen in einer Ausstellung namens “Worldbuilding“.
Die Frage danach, wie wir in Zukunft leben, was wir dann für eine Lebensform darstellen und wie wir uns zu unserem Umfeld und anderen, möglicherweise unbekannten Lebensformen verhalten werden, wird aber nicht nur in Gaming oder Sci-Fi-Szenarien verhandelt, sondern auch in der real world: Die Philosophin Donna Haraway wird vom Kunstbetrieb dafür gefeiert, dass sie sich fragt, wie wir vom Anthropozän zum Chtuluzän kommen oder jedenfalls zu einem Modell, in dem der Mensch nicht mehr die erste Geige spielt, die jüngste Venedig Biennale sieht in Teilen wie ein Fantasyroman aus in ihrer Versammlung von Mensch/Maschine/Tier/Fabel-Wesen, und der Diskurs darum, ob Tiere Personenrechte verliehen bekommen sollten und Gemüse vielleicht auch, läuft auf Hochtouren.
Apropos real world: Ein schöner Nebeneffekt des eingangs erwähnten Digitalisierungs- und NFT-Hypes in der Kunst ist, dass wieder mehr auf frühe Positionen digitaler Kunst (Namen wie Herbert W. Franke, Frieder Nake oder Vera Molnár sind wieder hoch im Kurs) geschaut wird, was einer weniger trendgetriebenen Beziehung zwischen Kunst und Tech förderlich sein könnte. Und was der Hype noch befördert hat: Die Produktion und Vermittlung von Kunst mit technologischen Mitteln passiert mit größerer Selbstverständlichkeit. Datenbasierte Messung von künstlerischem Erfolg? Schreit niemand mehr auf, wenn Albert-Lászlo Barabási mit seinen Zahlen kommt. Umfrage zum Kaufverhalten unter Sammlern von Art NFT? Macht man gerne mit, beim Art+Tech Report. Blockchain als Gegenstand ernsthafter Konzeptkunst? Man könnte sagen, das NFT in der Kunst wird erwachsen.
Nein, darum, wie Kunst von Technologie profitiert und weiter profitieren wird, muss man sich keine Sorgen machen. Umgekehrt aber schon. Es fängt ja schon damit an, dass Technologie kaum das bildschaffende Potential von Kunst nutzt, um unverständliche, vielleicht sogar bedrohlich wirkende Entwicklungen auf sinnliche Weise zugänglich zu machen und um die Vorstellungskraft als größten Treiber von Innovation besser zu nutzen. Und es geht damit weiter, dass – wie oben bereits erwähnt, aber man kann es nicht oft genug sagen – Kunst gerade dort zu wenig vertreten ist, wo Technologie am weitesten in die Zukunft reicht: Raumfahrt, Robotik, Biochemie, KI, das sind Felder, die zwar von der Kunst untersucht werden, aber kaum im Miteinander mit Technologie. Wenn wir unsere weitere Entwicklung nicht nur auf die Ausweitung von Raum und Zeit beschränken, sondern auch unsere kulturelle Entwicklung mit einbeziehen und vielleicht sogar irgendwann die Simulationshypothese knacken wollen, geht es aber nicht ohne.